Statement zur Dokumentation „Pfadfinderehre: Die Geheimakten der Boy Scouts of America“

Triggerwarnung: Dieser Text enthält Inhalt zum Thema sexualisierter Gewalt.

Tausende Missbrauchsfälle sind in den vergangenen Jahren bei den Boy Scouts of America bekannt geworden. Die Netflix-Dokumentation „Pfadfinderehre: Die Geheimakten der Boy Scouts of America“ (erschienen am 06. September 2023) gibt nun Überlebenden, ehemaligen Mitarbeiter*innen sowie Whistleblower*innen eine Stimme und enthüllt den jahrzehntelangen, systematischen Missbrauch an rund 82.000 Kindern und Jugendlichen. Die Organisation hatte versucht, die Taten und Übergriffe zu verschleiern, indem sie bewusst Akten, in denen sie potenziell gefährliche Personen in Leitungspositionen sowie bereits bekannte Täter*innen unter Verschluss hielt.

Mit großer Betroffenheit haben wir bereits 2020 die Berichterstattung um die Klagewelle in den USA, die aus dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle resultierte, verfolgt. Wir sind zutiefst bestürzt, dass so vielen Kindern und Jugendlichen in der Vergangenheit Leid zugefügt wurde.

Sexualisierte Gewalt kommt in unserer Gesellschaft überall vor. In der Vergangenheit von Pfadfinden in Deutschland ist es auch uns leider nicht immer gelungen, unsere Mitglieder vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Mit ihren aktuellen Aufarbeitungsprojekten möchten unsere Mitgliedsverbände aus Fehlern der Vergangenheit lernen und sich für die Zukunft gut aufstellen! „Wir sind der Ansicht, dass eine gründliche Aufarbeitung dieser Fälle unsere Kinderschutzbemühungen nur stärken wird. Aufarbeitung bedeutet für uns, Betroffenen die Möglichkeit zu geben, gehört zu werden und Anerkennung zu erfahren“, so rdp-Vorstand Joschka Hench. Die Aufarbeitung von Vorfällen soll zudem die Verbände stärken, indem mögliche grenzverletzende Strukturen, die Übergriffe begünstigt haben, in unserer Kultur aufgedeckt und erkannt werden.

Pfadfinden bedeutet für uns, Kinder und Jugendliche stark zu machen. Wir unterstützen sie dabei, ihre Persönlichkeit frei von Gewalt und Machtmissbrauch zu entfalten, sich selbst und ihre Meinung ernst zu nehmen. Jegliche Handlung, die Kinderrechte missachten oder gar verletzen, verurteilen wir auf Schärfste. Präventions- und Interventionsarbeit sind unverzichtbare Säulen in unserer Arbeit in allen Mitgliedsverbänden des rdp. Damit wollen wir die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen schützen und Täter*innen keinen Raum bieten.

„In unseren Pfadfinder*innenverbänden wollen wir Kindern und Jugendlichen einen geschützten Raum zum Wachsen und Lernen geben und haben deshalb bereits seit vielen Jahren umfangreiche Präventionskonzepte zum Schutz vor sexuellem Missbrauch und Grenzüberschreitungen in den Verbänden des rdp etabliert“, sagt die Vorsitzende Susanne Rüber. 

In der Aus- und Fortbildung lernen unsere Leiter*innen, eigene Grenzen und die der Kinder und Jugendlichen sensibel wahrzunehmen und sich in ihrem Leitungshandeln daran zu orientieren. Die Leiter*innen werden außerdem von Expert*innen auf den verschiedenen Ebenen unterstützt. Diese wiederum stehen in regelmäßigem Austausch mit externen Fachberatungsstellen.

Der rdp und seine fünf Mitgliedsverbände haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein Umfeld zu schaffen, in dem Kindern und Jugendlichen zugehört wird. Verdachtsmomente werden ernst genommen und diesen wird strukturiert und entschieden nachgegangen. Dazu gibt es ein flächendeckendes Netz von Anlaufstellen und Beratungsangeboten, sodass Unwissen und Überforderung nicht zu verschweigen und verdrängen führt.

Wir sind überzeugt, dass die durch unsere pädagogischen Angebote gestärkten Mitglieder unserer Verbände auch in anderen Bereichen der Gesellschaft aktiv für ein gewaltfreies Miteinander eintreten und allen Formen sexualisierter Gewalt keinen Raum geben und Prävention, Intervention und Aufarbeitung unsere Pfadfinder*innenverbände zu einem noch sichereren Ort für Kinder und Jugendliche macht.

Weitere Informationen zu den Aufarbeitungsprozessen und den Schutzkonzepten der einzelnen Mitgliedsverbände finden sich auf der rdp-Website.

Neben den Anlaufstellen der einzelnen Verbände, empfehlen wir Kindern und Jugendlichen, die Opfer sexueller Übergriffe oder sexueller Gewalt wurden, das Hilfeportal Sexueller Missbrauch der unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung.